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28.02.2015 | Hostsuche Newsmeldung |
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| Netz in Bewegung – Schlaglichter der Internet-Fachtagung Domain pulse |
| Netz in Bewegung – Schlaglichter der Internet-Fachtagung Domain pulse in Berlin |
| 27.02.2015
Gibt es im Zeitalter von Web 2.0 überhaupt noch Mittel und Wege, digitaler Blamage oder gar Demontage zu entgehen? Ist die Macht großer kommerzieller Online-Dienste wie Google oder Facebook inzwischen so groß, dass ihre Regulierung nötig, sinnvoll und möglich ist? Wie können Nutzer die Hoheit über ihre Online-Kommunikationsinfrastrukturen erlangen? Welche Chancen bieten Ansätze wie die Transparenz von Algorithmen, offene Standards und Interoperabilität? Muss der Staat die Öffentlichkeit vor Netzmonopolisten schützen? Mit welchen Mitteln könnte dies geschehen und wie realistisch ist ihre Durchsetzbarkeit? Hat die Einführung neuer Adressendungen im Internet wie .hamburg, .bio oder .bmw tatsächlich eine „Revolutionierung“ des Web ausgelöst, wie von den Betreibern versprochen, und haben sich die Erwartungen der Nutzer erfüllt?
Thesen, Prognosen und Antworten auf diese und andere brandaktuelle Fragen unter dem Motto „Netz in Bewegung“ lieferte der jährliche Fachkongress Domain pulse, dessen zwölfte Auflage am 26. und 27. Februar in Berlin stattfand. Mehr als 350 Fachbesucher folgten den Vorträgen und Podiumsdiskussionen internationaler Experten bei dem etablierten Branchentreffen, das sich zur alljährlich bedeutendsten Veranstaltung für Themen, Tendenzen und Trends rund um Internetdomains im deutschsprachigen Raum entwickelt hat. Gemeinsam mit den Registrierungsstellen der Länderdomains von Österreich (nic.at) sowie der Schweiz und Liechtenstein (SWITCH) führt die DENIC eG, Betreiberin der deutschen Länderkennung .de im Internet, als diesmalige Ausrichterin die zweitägige Expertentagung Domain pulse im jährlichen Wechsel durch.
Kontrollversuch und Kontrollverlust im digitalen Zeitalter
Zum Auftakt der Tagung am 26. Februar 2015 sezierte Keynote-Speaker Prof. Dr. Bernhard Pörksen – einer der international profiliertesten Kommunikationsforscher von der Universität Tübingen – in einem pointenreichen philosophischen Diskurs über die Grundprinzipien des Reputationsmanagements anhand vieler erhellender Fallbeispiele, wie der Ruf von Privatpersonen, aber auch von Unternehmen und politischen Organisationen sich heute in Rekordzeit dirigieren lässt. Jeder Einzelne, jedes Unternehmen und jede Institution brauche unterdessen eine Strategie für das mediale Zeitalter: „Die Mitmach-Medien der Gegenwart haben völlig neue Möglichkeiten der Skandalisierung geschaffen. Es reicht schon, dass sich jemand empören will – und dass er irgendwie sein Publikum findet“, machte Pörksen klar, der seinen Zuhörern auch konkrete Handlungsempfehlungen mit auf den Weg gab.
Digitale Schwergewichte: Kontrolle oder Laissez-faire?
In einem verbalen Schlagabtausch zum Thema „Digitale Schwergewichte und Gesellschaft: Kontrolle oder Laissez-faire?“ lieferten sich Peter Schaar, Bundesbeauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit a.D., und Thomas Knüwer, Gründer der Digitalstrategie-Beratung kpunktnull, eine hitzige Debatte darüber, wie in einer Zeit, die geprägt ist vom Strukturwandel des Privaten, umzugehen ist mit der Machtfülle von Netzmultis wie Google und Facebook, deren Monopolstatus Totalität statt Pluralität zur Folge hat. Lockin-Effekte, die sich durch mangelnde Interoperabilität sozialer Netzwerke ergeben, sichern Monopole zusätzlich ab, da waren sich die Experten einig, nicht aber darin, wie dies zu bewerten sei.
Knüwer sieht die gegenwärtige Diskussion, die sämtliche Netzunternehmen per se unter Generalverdacht der Datenhortung für unlautere Zwecke stelle, als überzogen an; aus Nutzersicht sei die Existenz etwa mehrerer sozialer Netzwerke nicht sinnvoll, da sie keine bruchfreie Kontaktpflege zulasse. Für ihn stellt sich die Big-Brother-Frage eher im Zusammenhang mit öffentlichen Institutionen, deren zunehmender Pre-Crime-Ansatz zur Verbrechensprävention die verdachtsunabhängige Massensammlung von Daten legitimieren solle.
Peter Schaar dagegen sieht angesichts der erdrückenden Dominanz der Netzmonopolisten, die Wettbewerber im großen Stil aufkaufen und Nutzerdaten aus verschiedensten Diensten extrahieren, zusammenführen und feingranular personalisieren, dringenden staatlichen Regulierungsbedarf. Der Gesetzgeber müsse dafür sorgen, dass durch die Transparenz von Algorithmen und eine Öffnung der Standards bei bestimmten Dienstleistungen Nutzersouveränität herbeigeführt werde. Das geltende Wettbewerbs- und Kartellrecht müsse weiterentwickelt werden, eine neue Definition von Monopolen, die die Nutzersicht ebenso berücksichtige wie die Auswirkungen von Suchmaschinen und sozialen Netzwerken auf den Werbemarkt sei überfällig.
Kritisiert wurde in der Diskussion auch die weitgehend unbefriedigende Haltung der deutschen Politik; im Gegensatz zu anderen Ländern wie beispielsweise den USA gebe es hierzulande kaum Politiker mit einer klaren Meinung in netzpolitischen Fragen. Auch ein echter Diskurs, in welcher digitalen Gesellschaft wir künftig leben wollen, finde so gut wie nicht statt. Die Politik sei schlicht überfordert und kompetenzbildende Maßnahmen, die in die breite Öffentlichkeit getragen werden, ein Gebot der Stunde.
Internet Governance: Die Karten werden neu gemischt – von Fallstricken und Begehrlichkeiten
Auch der zweite Kongresstag des Domain pulse widmete sich intensiv netzpolitischen Themen. Im Mittelpunkt stand zunächst die Großwetterlage im Kontext von Internet Governance: Was ist von der NetMundial-Konferenz, der großen Multistakeholder-Konferenz mit Einbindung aller Interessensgruppen von der Politik über die Wirtschaft und technische Community bis hin zur Zivilgesellschaft 2014 in Brasilien übrig geblieben? Was sollte davon weiterverfolgt werden? Wie ist die NETmundial Initiative (NMI) einzuschätzen, die stark vom Weltwirtschaftsforum vorangetrieben wird? Ist sie ein sinnvolles Follow-Up zur NetMundial? Steht sie in Konkurrenz zum Internet Governance Forum (IGF), wie manche munkeln? Wie steht es um das IGF? Ist die Verlängerung des Mandats durch die UNO in trockenen Tüchern? Wie stabil ist diese Institution? Wie stellt sich die Aussicht auf eine Multi-Stakeholder-Organisation ohne den "Schatten des Staates" dar, wie er mit der geplanten Aufgabe der Kontrollfunktion über die grundlegenden Internetressourcen, die sogenannte IANA-Transition, durch die USA im September 2015 vor der Tür steht? Braucht es eine Aufsichtsinstanz außerhalb von ICANN? Können wir vom Prinzip der Gewaltenteilung in modernen Demokratien etwas lernen für die IANA-Nachfolge?
Eine hochkarätig besetzte Expertendiskussion mit Professor Wolfgang Kleinwächter, ICANN-Direktoriumsmitglied, Thomas Schneider, Vorsitzender des ICANN-Regierungsbeirats GAC, Christoph Steck, Direktor Public Policy von Telefónica als privatwirtschaftlichem Vertreter der NETmundial Initiative, Thomas Rickert vom eco-Verband der deutschen Internetwirtschaft und DENIC-CEO Jörg Schweiger unternahm den Versuch, Akteure, Rollen und Gemengelagen einzuordnen.
Tenor des Forums: Mit der NetMundial-Konferenz haben die verschiedenen Interessengruppen unter Beweis gestellt, dass der Multistakerholder-Ansatz auf Augenhöhe konsensfähig sei und eine gemeinsame Deklaration verabschieden könne. Es müsse jedoch klar sein, dass es sich dabei ausschließlich um die Verständigung auf gemeinsame grundlegende Werte handle, die ein solides Fundament für gemeinsam zu erarbeitende Lösungen auf internationaler Ebene darstellten.
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| Weitere Informationen finden Sie unter | http://www.denic.de | http://www.domainpulse.de |
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